Kaum ein anderes Seegebiet ist so sagenumwoben und wild wie die Südspitze Südamerikas. Vor der Küste Patagoniens treffen Atlantik und Pazifik aufeinander, entfalten ihre urtümlichen Kräfte.
Skipper Michael Wnuk hat mit seiner Familie auf der Stahlyacht Iron Lady diese Naturgewalt bezwungen.
Im Gespräch mit Eric schildert er die Erlebnisse während dieser Grenzerfahrung unter Segeln.
Das komplette Interview, das Eric mit Michael auf dessen Aluminiumyacht Marlin geführt hat, kannst im Glüxpiraten Segeltalk hören! Den kostenlosen Podcast kannst Du hier im Player aktivieren oder ganz einfach mit Deinem Handy abonnieren.
Michael: Der Wind kam aus Norden und dann sind wir halt nach Süden gesegelt.
Dann sind wir an der südamerikanischen Küste runter gesegelt und sind dann über die Staaten Inseln in den Beagle Channel rein, nach Ushuaia nach Puerto Williams. Von Puerto Williams runter ans Kap Hoorn, haben die Kap Hoorn Umrundung gemacht. Sind auch kräftig eingeweht worden, haben eine Woche gebraucht um wieder wegzukommen. Dann sind wir durch den Beagle Kanal in die patagonischen Channels rein gesegelt.
Dann 1500 Meilen, glaube ich waren es, über fast anderthalb Monate Richtung Puerto Montt. Das ist in Chile der erste größere Hafen und da waren wir über 3 Wochen eigentlich komplett alleine und haben keine Menschenseele gesehen.
Eric: Jetzt noch mal kurz zu dieser Kap Hoorn Episode: Du hast gesagt, Ihr seid eingeweht worden. Was bedeutet dass am Kap Hoorn? Ich meine da gibt es massenweise Strömungen. Da gibt es verschiedene Winde. Wo liegt jetzt die große Schwierigkeit?
Michael: Eben genau, da dass du eben manchmal ungünstige Winde, ungünstige Welle hast oder wie kann man sich das vorstellen? Ich habe da überhaupt keine Vorstellung davon.
Die Kap Hoorn Umrundung so wie wir sie gemacht haben ist: aus den patagonischen Channels raus, für Puerto Williams brauchst Du eine Genehmigung und die kriegt man auch nur für gewisse Channels. Wie man die so nennt. Das ist ja alles sehr verzweigt und wenn man das auf der Karte sieht. Das sieht ja aus wie auseinandergerissen. So ein bisschen wie so norwegische Fjorde: sehr zerklüftet, sehr steinig und immer ganz starker westwind, ungebremst von Australien, Neuseeland kommt das rüber.
Wenn ich jetzt so sehe wie wir jetzt hier segeln. Jetzt hier auf 54° Nord. Patagonien, also Kap Hoorn ist auf 56° Süd. Also eigentlich vom Klima ähnlich. Wir haben aber gemäßigtes Klima hier, weil natürlich die ganzen Landmassen dazu führen dass wir nicht wie am Kap Hoorn die Tiefdruckgebiete, die dann reinkommen, direkt abkriegen. Die Kap Hooern Umrundung selber hatten wir uns unspektakulärer vorgestellt.
Wir sind also bei 25 Knoten raus. Das ist ein Tagestörn: man kommt aus den katalonischen Kanälen raus und segelst ums Kap Hoorn. Mit Rückenwind. Das war am Anfang also auch sehr angenehm und dann frischte der Wind halt auf. Und das ist halt typisch für’s Kap. Nämlich dass die Winde sehr schnell kommen, die Systeme sehr schnell durch drehen und schon extreme Winde auftauchen.
So und wir sind das also ums Kap Hoorn rum und am Nachmittag, als wir da rein gefahren in die schützende Bucht, konnten wir das Kap selber gar nicht mehr anlegen. Die hatten oben auf der Messstation 70 Knoten Wind. Das heißt also: wir sind dann so mit dem Einbrechen der Dunkelheit an den erstbesten Ankerplatz, der geschützt war. Und da haben wir erst mal ein Tag verbracht und haben wir schon wieder neues Wettersystem kommen sehen.
Das sind dann die Wettersysteme, wo Du auf der Wetterkarte keine Fähnchen mehr hast hinter den Windfallen sondern Dreiecke. Mehr als 8 Beaufort! Wir haben dann einen Ankerplatz gesucht und gefunden. Da waren wir dann, glaube ich, drei oder vier Tage. Haben abgewartet das der Starkwind dann durch geht.
Das war schon eine tolle Erfahrung. Kap Hoorn überhaupt zu sehen war eine tolle Erfahrung. Dieser Felsen, dieser magische Felsen.
Eric: Da hat einfach eine Menge Geschichte stattgefunden?
Michael: Ja. Eine Menge Geschichte und es ist toll, wenn man das selber mal schafft da rum zu segeln. Das ist ja schon eine Ecke bis nach da unten.
Eric: Und wie ging es dann weiter?
Michael: Nach Kap Hoorn haben wir dann die Clearance bekommen und man muss ja in jedem Hafen ein- und ausklarieren.
Bist Puerto Natales; das war unser erster Hafen, den wir angelaufen haben; waren wir, glaube ich, drei Wochen unterwegs. Das war schon sehr anstrengend: man macht pro Tag in den Kanälen, weil immer Gegenwind ist, das ist nicht Segeln. Das ist Motoren. Motoren mit Dreiviertel Groß Unterstützung oder einem Drittel Groß zur Unterstützung.
Da haben wir dann fünf Tage in einem Spinnennetz gehangen. Das war eine ganz kleine Bucht. So ähnlich wie hier. Hatten zwei Landleinen und eine Leine von den Fischern. Die haben die so festgemacht und da hat’s geweht. Die ganze Zeit. 25, 30 Knoten.
Ich bin jeden Tag auf die andere Seite von der Insel. Durch die Bewaldung, also durch dieses Moos durch. Dort sind ja keine Wege oder so. Auch keine Bäume. Da wächst nichts mehr. Und auf der anderen Seite geguckt wie der Wind auf der anderen Seite von der Insel ist, wo wir ja raus wollten. Da habe mich dann so gegen den Wind gestellt und konnte quasi stehen ohne umzufallen und hab jeden Tag gedacht: „Da kommen wir nicht raus, da kommen wir nicht raus!“.
Ich glaube, wir haben vier Nächte da gelegen und dann haben wir irgendwann einfach gesagt:
„Jetzt müssen da mal raus, sonst kommen wir hier nie weg!“
Der Wind wurde nicht weniger. Und Regen und Schnee und Eishagel und so weiter. Aber man wartete vergebens auf gutes Wetter.
Dann sind wir halt unter Vollgas und mit Segel rausgefahren. Das war schon grenzwertig. Also so was hab ich danach eigentlich nie wieder erlebt.
Der nächste Stichpunkt, der mir dazu einfällt, ist das Land der Feen, der Elfen. Da wächst gar nichts mehr. Da kommt so viel Wetter einfach zustande, das alles so kahl ist und und steinig und überall tausende von Wasserfällen, wo also das Wasser runter läuft.
Eric: Das klingt so ein bisschen wie Island!?
Michael: Kann man sich vorstellen. Ich war noch nicht in Island. Ich stelle es mir noch spektakulärer vor. Das war schon auch so mit nebel und überall Tau und Moos. Da sind wir dann auch nur in eine ganz kleine Anchorage gefahren. Und mn fährt, man bewegt sich so jeden Tag 30 bis 50 Meilen. Maximum. Es gibt alle 15 Meilen ein Ankerbucht.
Es gibt einen Führer dazu, den zwei Italiener geschrieben haben. Also ein italienisches Pärchen. Die haben wir haben auch kennengelernt. Und der hat uns natürlich viel geholfen. Da ist also jeweils verzeichnet, wo man wie anlegen kann uns so weiter und so fort. Ja das hat geholfen. Und so braucht man halt ne ja man braucht viel Diesel und es ist schweinekalt. Und eng! Die Kanäle sind meistens nur zwei, drei Meilen. Teilweise auch kleiner. Und tief. Das heißt also, man ankert immer mit einem mit dem Buganker dann fährt man mit dem Heck an Land und hat dann zwei Leinen, wie die auch hier auf der Marlin jetzt sind und da muss man mit dem Dinghy raus, mit dem Stechpaddel, denn es lohnt sich nicht, den Motor aufzubocken. Dann an Land und Du musstest dann einen Baum finden oder einen Stein. Irgendwas, wo Du dich fest machst. Weil Du nie weißt, was für ein Wetter in der nächsten Nacht kommt.
Eric: Lieber doppelt gesichert!?
Michael: Ja. Doppelt sicher gelegt.
Über Patagonien könnte ich Dir jetzt noch zwei Stunden was erzählen. Wir haben halt auch das richtige Schiff dazu gehabt die Iron Lady, die wir jetzt nicht mehr haben. Ich denke mal da kommen wir gleich noch dazu!? Die Iron lady hat es schon prima gemacht. Muss man wirklich sagen. Wir hatten keinerlei Probleme auch nicht mit dem Motor. Sie hat alles immer mitgemacht.
Eric: Iron Lady war ein Stahlschiff?
Michael: Einen Stahlschiff mit 38 Fuß. Und weil wir keine Ahnung hatten von Schiffen, haben wir damals unser gesamtes Geld in dieses Schiff rein bugsiert. Aber das war genau das richtige Schiff, um das zu machen. Und mit 38 Fuß war es groß genug für uns als Familie. Die Kinder reden heute noch immer noch davon, von dieser Zeit in Patagonien oder überhaupt die ganze zeit. Südamerika un die Umquerung von dem südamerikanischen Kontinent.
Dann sind wir durch die Kanäle hochgefahren hatten natürlich die ganze Zeit schlechtes Wetter. Regen, Regen Regen. Und hatten dann auch irgendwann, irgendwie keine Lust mehr. Du kommst halt auch nicht raus, wir hatten keine Dusche im Boot und kein heißes Wasser. Das heißt also: irgendwann möchtest dann halt auch mal was Anderes.
Und dann hatten wir Glück haben dann den Magellan Channel überschritten. Das ist dann so eine Wettergrenze. Haben dann zwar immer noch eine Woche Regen gehabt, aber dann haben ein Hochdruckgebiet erwischt was sich dann in Chile festgesetzt hatte. Wir waren ja im Hochsommer dann da. Dieses Hochdruckgebiet hat uns dann Patagonien mit Sonne gezeigt und das ist ein absoluter Traum!
Eric: Ja ich habe schon Bilder gesehen, auch von dir!
Michael: Das Bildmaterial, das wir noch haben ist unglaublich. Das kann man gar nicht begreifen. Wir waren natürlich da wo du auch nicht hinkommst. Es gibt keine Fähren, die da hinfahren. Kreuzfahrtschiff fahren zwar zum Kap Hoorn inzwischen, aber in die patagonischen Channels fahren die nicht rein.
Eric: Ist jetzt auch zu unattraktiv für Touristen, wahrscheinlich!?
Michael: Ja, weil es so viel regnet. Das fängt dann eher oben in Puerto Montt an. Von da geht dann eine Fähre runter mit viel Glück bis Puerto Natales. Die fährt aber auch nur nach Wetter und das heißt, sie fährt nicht immer.
Jetzt kommt natürlich die Frage: „Will ich dann noch mal hinfahren?“ Ja! Ich glaube, ich würde noch mal hinfahren wenn ich noch mal könnte, ich würde das noch mal machen. Auf jeden Fall!
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